Wir wollten gegen Ende unserer Reise noch einmal ein richtig tolles Trekking erleben, durch echten Dschungel und abseits der Touristen-Wege. Wir landeten nach abenteuerlicher Anreise in dem kleinen Ort Chi Phat, wunderschön gelegen in den südlichen Cardamom-Bergen Kambodschas. Dort existiert seit einigen Jahren das Projekt CBET (Community Based Eco Tourism), das auch mit EU Geldern unterstützt wird.
Noch vor 10 Jahren lebten die Menschen in dem Dorf vom Raubbau an der Natur – Edle Hölzer und seltene Tiere waren bald nicht mehr gesehen. Heute sind aus den Holzfällern und Jägern von damals Tourguides und Homestay-Anbieter geworden. Alle im Dorf sollen von den Dollars der Touristen profitieren, doch viele waren es bislang noch nicht. Zu kompliziert und abenteuerlich ist die Anreise, so dass die Easy-Going-Traveller die Mühen sicherlich scheuen. Das das Projekt trotzdem funktioniert, davon haben wir uns im Dorf und bei einem 2-Tage Trekking im dortigen Dschungel überzeugen können.
Das Dorf und die Lebensverhältnisse sind mehr als einfach, doch die Atmosphäre aufgrund der Menschen, der oftmals begeisterten Kinder und der mittlerweile wieder fantastischen umgebenden Natur einfach einmalig.
Wir wohnten im Guest House Nr. 4 und lebten dort mit einer Familie zusammen, deren genaue Zusammenstellung sich uns bis zu unserer Abreise nicht ganz erschließen wollte. Aber man war sehr besorgt um die seltenen Gäste und somit fühlten wir uns in unserer Unterkunft ausgesprochen wohl.
Nach einem Tag der Eingewöhnung und des Kennenlernen des Dorfes und seiner wunderschönen Umgebung, haben wir an Tag 3 in Chi Phat ein Trekking begonnen, das uns heute noch Albträume beschert und von dem wir gleichzeitig in den höchsten Tönen schwärmen. Wir starteten unsere Reise noch vor dem Sonnenaufgang mit einer romantischen Bootsfahrt – nur wir 2, die Crew, die aufgehende Sonne und der Fluss. Bis dann der Nebel kam.
Nach dem Frühstück (Ginger-Chicken with Rice) lichtete sich der Nebel und unsere Fahrt wurde zum puren Genuss. Das dicht bewachsene Ufer ließ den Blick keine 2 Meter weiter in die Tiefen des Dschungel zu.
Doch der Blick in die Bäume war spannend genug. Hatte sich die erste Affenbande lediglich durch ihr Schreien und das Toben in der zweiten Baumreihe bemerkbar gemacht, waren wir bei der zweiten Gruppe erfolgreicher. Die waren an uns mindestens genauso interessiert, wie wir an ihnen und somit blieb viel Zeit für die ausgiebige Beobachtung unserer Vorfahren.
Begeistert und noch euphorisch von diesen ersten Eindrücken wurden wir von unseren Tourguides genötigt eine uns unbekannte Frucht zu probieren. Diese musste allerdings erst dschungelgerecht mit einer Axt geschält werden, was natürlich eine Aufgabe für echte Männer ist, die sich wie Indianer Jones fühlen!
Die Axt war schärfer als das WMF-Messerset, dass wir uns kürzlich gegönnt haben und der Daumen wäre beinahe draufgegangen! Aber zum Glück im Unglück war der Knochen hart genug und somit konnte die Reise nach intensiver Behandlung zur Stillung der Blutung fortgesetzt werden – eine Narbe wird bleiben. Doch es sollte noch blutiger werden.
Nach dem Verlassen der Boote setzten wir unsere Reise nun zu Fuß fort, eine schweißtreibende Angelegenheit. Doch schon nach den ersten Schritten im dichter werdenden Dschungel ahnten wir, dass das kein romantisches Abenteuer werden wird. Was uns im Vorfeld keiner verraten hatte, krabbelte nun in Heerscharen unsere Trekkingschuhe und Beine empor – Leaches, oder auch Blutegel. Wer es noch nie erlebt hat, kann es sich in seinen schlimmsten Albträumen nicht grausamer zusammenbasteln. Die Dinger sind einfach überall, meist mehrere Duzend auf einem Quadratmeter Waldboden. Und schon beim normalen „Wandern“ hängen die sich an die Schuhe und sind 30 Sekunden später im Schuh oder oben am Bein mit dem Ziel: nackte Haut zum Festbeißen und Blutsaugen. Wir bastelten uns „Schaber“, mit denen wir alle 10-15 Meter die Leaches von den Schuhen flippten, während schon wieder neue aufstiegen.
Unsere erste Pause auf einem Stück Leach-freien Sandboden diente dann auch dem Wundenlecken und einer genaueren Untersuchung unserer Schuhe. Es hatten sich etliche von den Viechern unbemerkt in unsere Schuhe geschlichen. Aber die grausamste Entdeckung mussten wir dann an meinen (Thorsten) Füßen machen. Dort hatten sich tatsächlich 25 Leaches durch die Socken gebohrt und klebten fett und satt von Blut an meinen Füßen. Das Entfernen ging schnell und war blutig – auf beiden Seiten. Keiner der 25 Angreifer kam mit dem Leben davon, aber mein Fuß war blutüberströmt und wir waren ehrlich gesagt kurz davor die ganze Tour abzubrechen.
Wir haben es nicht getan und sind rückblickend sehr froh darüber. Mit 2 Paar Socken übereinander und der Trekking-Hose in den Socken ging es modisch elegant gekleidet weiter. Die Anzahl der Leaches am Boden nahm im Laufe der Wanderung ab und wir konnten das ganze deutlich mehr genießen.
Bis auf die Nacht in einer zwischen 2 Bäumen gespannten Hängematte, in der wir nicht wirklich viel Schlaf fanden, war das Dschungel-Trekking ein tolles Abenteuer: tollen, wilden Urwald erlebt, Riesen-Spinnen ausgewichen, Affen gesehen, Gibbons gehört, einen Elefanten-Schlafplatz entdeckt, eine Schlange gesehen, im Fluss gebadet und am Ende unseres Trekkings nochmal richtig schön nass geworden, vom Monsun. Das alles mit einem Lächeln der Zufriedenheit im Gesicht - so hatten wir uns das vorgestellt.